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Um die Wurst geht es in der bissigen Komödie!

Basel

Das Förnbacher Theater in Basel startet in eine besondere letzte Saison

Badische Zeitung, 25.08.2020

Letzte Saison am Badischen Bahnhof: Die Tür zum Förnbacher Theater bleibt offen, das Foyer wird mit Stehtischen nach draußen erweitert. Foto: Roswitha Frey.

 

Um die Wurst geht es in der bissigen Komödie, mit der das Förnbacher Theater am Freitagabend in seine letzte Saison im Badischen Bahnhof Basel gestartet ist. Theaterleiter und Regisseur Helmut Förnbacher hat das Stück "Extrawurst" der Comedy-Autoren Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob in Baseldytsch bearbeitet und mit viel Lokalkolorit gewürzt. Seine Basler Fassung dieser Satire punktete beim Premierenpublikum mit treffsicheren Pointen und erfrischendem Spielwitz.

Abschied vom Badischen Bahnhof unter besonderen Umständen

Der Auftakt der 24. Spielzeit in der Theaterhalle im Badischen Bahnhof ist für die Förnbacher Theater Company in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Zum einen gilt es, den Theaterbesuch in Corona-Zeiten für die Zuschauer so angenehm und sicher wie möglich zu gestalten. Zum anderen heißt es für das Ensemble, am Ende der Saison Abschied zu nehmen vom langjährigen Spielort in der ehemaligen Zollhalle. Wegen geplanter Bauarbeiten am Bahnhof müssen die Theaterleute 2021 ihre Koffer packen und umziehen.

Doch zunächst legt Förnbachers Theater Company mit vier Neuinszenierungen und zahlreichen Wiederaufnahmen einen prall gefüllten Spielplan vor. Die Corona-Schutzmaßnahmen sind gut in den Theaterbetrieb integriert: Die Eingangstür wird offen gelassen, Desinfektionsmittel stehen parat, ein Ventilator fächelt Luft in den Raum. Die Zahl der Zuschauer ist auf 70 begrenzt, die sich im Saal mit gebührenden Abständen auf den bequemen roten Sitzen verteilen. Etliche Besucher tragen Mund-Nasen-Masken. Es besteht aber keine Maskenpflicht. Vor dem Theater sind Stehtischchen aufgebaut, so dass sich die Theaterfans in der Pause sowohl draußen als auch im Foyer aufhalten können. Einlass und Hinaustreten funktionieren sehr gut mit Abstand.

Genuss für die Zuschauer nach langer Durststrecke

So genießen es die Besucher sichtlich, nach monatelangem Kulturstillstand ins Theater zu gehen. In der mit scharfzüngigen Dialogen und Situationskomik gespickten Komödie läuft die Versammlung eines elitären Basler Tennisclubs völlig aus dem Ruder. In seine Version packt Förnbacher aktuelle Anspielungen auf die Basler Gesellschaft hinein: von Blocher bis zur Basler Zeitung, vom Stadtcasino bis zu den Stararchitekten Herzog & de Meuron. Förnbacher gibt den Club-Präsidenten, der weltmännisch-jovial auf Fairplay pocht. Großspurig schwärmt er vom sündhaft teuren Clubhaus. Doch über die Anschaffung eines Grills fürs Sommerfest entzündet sich eine hitzige Debatte. Es wird heftig diskutiert, ob für das einzige türkische Clubmitglied ein zweiter Grill angeschafft werden solle. Zumal der Muslim kein Fleisch von einem Grill essen darf, auf dem Schweinefleisch gebrutzelt wird. Aus dem Hin und Her um Bratwürste und Wienerle entbrennt ein Schlagabtausch über ernste politische Themen wie Integration, Respekt gegenüber Kulturen, Einwanderungspolitik und Alltagsrassismus. Und aus der witzigen Satire wird ein entlarvendes Stück von gesellschaftspolitischer Brisanz.

Matthias Klausener als hitzköpfiger Verfechter der Schweizer Bratwurst-Tradition redet sich immer mehr in Rage. Lou Bihler verkörpert mit sympathischer Ironie das türkische Tennis-Ass Erol. Daniela Bolliger als seine Partnerin im Doppel plädiert für Offenheit und Toleranz. Als ihr rasend eifersüchtiger Ehemann löst Percy von Tomei einen Ehezwist aus. So fliegen bald die Fetzen im noblen Tennisclub.

Premiere von Julius Caesar schon am 16. September

Auf diese Theaterkost mit ironischem Biss folgt als nächste Premiere am 16. September das Shakespeare-Drama Julius Caesar mit Ensemble-Doyen Dieter Mainka in der Titelrolle. Als dritte Neuproduktion bringt Förnbacher am 13. Oktober die doppelbödige Ehekomödie "Die Niere" von Stefan Vögel auf die Bühne. Mit insgesamt 27 Stücken schöpft der Theaterchef in der Saison 2020/21 noch einmal aus den Vollen, bevor er die Theaterhalle im Badischen Bahnhof verlassen muss. Allerdings hoffe er noch, so Förnbacher, dass sich aufgrund der Corona-Krise eventuell die Termine der Bauarbeiten der Deutschen Bahn verzögern und das Ensemble vielleicht noch ein weiteres Jahr im Bahnhofsgebäude bleiben darf. Ob es zu dieser möglichen Verlängerung kommt, ist noch unklar. So läuft derweil die Suche nach einer anderen Spielstätte weiter. In den 40 Jahren ihres Bestehens hat die Förnbacher Theater Company schon in Kirchen, Parks und Zirkuszelten gespielt. Und nun hält sie Ausschau nach einem neuen festen Domizil. Denn ans Aufhören denkt der leidenschaftliche Theatermann Förnbacher noch lange nicht.

von Roswitha Frey (link zum Artikel)