< Pressestimmen: Acht Frauen

Bitterböse Aufklärung

Helmut Förnbacher inszeniert die Krimikomödie Acht Frauen im Badischen Bahnhof.

Acht sehr präsente Frauen und eine unsichtbare männliche Leiche treffen aufeinander in der jüngsten Inszenierung der Helmut Förnbacher Company.

Die Hölle, das sind die anderen. Ausgesprochen hat das zuerst die Figur des Garcin in Jean Paul Sartres 1944 uraufgeführtem Drama "Geschlossene Gesellschaft". Auf die sehr viel leichtere Schulter genommen hat der französische Autor Robert Thomas (1927-1989) dasselbe Phänomen. Wie bei Sartre ausweglos miteinander eingeschlossen finden sich auch die Protagonistinnen in Thomas’ Kriminalkomödie "Acht Frauen" von 1961, mit denen das Förnbacher Theater im Badischen Bahnhof sein Publikum augenzwinkernd ins Neue Jahr eskortiert.

Acht Frauen aus drei Generationen und ein einziger Mann, das kann kaum gut gehen. Dass man von ihm nichts zu sehen bekommt den ganzen Abend lang, hat einen Grund: Marcel wird schon nach den ersten Minuten mit einem Messer im Rücken aufgefunden. Den blutigen Anblick erspart die Regie (Helmut Förnbacher) ihrem Publikum. Marcels Tochter Catherine (Mia Lüscher) verweigert ihn mit großer Entschlossenheit auch allen anderen auf der Bühne. Hat doch ganz offensichtlich auch schon die Jüngste im Hause genug Krimis konsumiert, um zu wissen, dass jetzt zuallererst die Spurensicherung kommen muss.

Dass ihre Mutter sich da nicht entschiedener durchsetzt, um zum ermordeten Gatten durchzudringen, sollte als Erstes stutzig machen. Behält doch Kristina Nel in der Rolle der unverhofft verwitweten Gaby statthaft die Contenance. Sollte sie etwa längst im Bilde gewesen sein? In der starbesetzten Filmversion von François Ozon aus dem Jahr 2002 hatte die Rolle der Reichen und Schönen noch Catherine Deneuve gespielt. Bald stellt sich heraus, dass jede Verbindung zur eingeschneiten Außenwelt unterbrochen ist, das Telefonkabel gekappt, die Handys verschwunden und das Auto: tot.

Auf Marcels und Gabys abgelegenem Landsitz zusammengekommen waren die Frauen, um gemeinsam Weihnachten zu feiern, das oft wenig beschauliche Fest der Liebe. Neben Mutter, Schwester, Großmutter, Schwägerin und den beiden Töchtern sind auch die Bediensteten Chanel und Louise mit von der Partie, die ihrerseits mit allen Wassern gewaschen zu sein scheinen. Alle Indizien weisen darauf hin, dass sich noch im Haus befinden muss, wer den Mord begangen hat. Hinzu kommt, dass jede der acht Frauen bei Licht betrachtet ein Motiv gehabt hätte.


Eine Paraderolle kommt vor allen anderen Augustine zu, der Schwester der Hausherrin. Kathrine Ramseier brilliert in der Figur der verbitterten Alleinstehenden, die sich überall zurückgesetzt und nirgends wirklich wahrgenommen fühlt.

Musik von Georg Kreisler

Schon in den ersten Minuten wird sie zur Karikatur ihrer selbst, schafft aber das Kunststück, noch in den am meisten überzeichneten Szenen einer Frau Gesicht und Statur zu verleihen, die es so wirklich geben könnte. Über allem beweist Augustine auch Witz und kommentiert trocken, wenn die anderen entsetzt bemerken, dass alle Handys weg sind: "Zum Glück habe ich keins."

François Ozons Verfilmung spielte mit Musical-Elementen und ordnete jeder der Frauen ein Lied zu, mit dem sie im Verlauf des Abends mitunter ihr Innerstes offenbaren. Auch bei Förnbacher kommen wieder Lieder vor, diesmal stammen sie aber aus der Feder des österreichischen Originalgenies Georg Kreisler (1922-2011). "Andre Frauen sind Gemahlinnen, denn niemand stahl ihnen, wie mir, das Glück. Andre Frauen, die viel dümmer, die können immer, wenn was passiert, zu ihrem ersten oder zweiten oder dritten oder vierten oder fünften Mann zurück." Auf wen hätte die Passage besser gepasst als auf Augustine?

Mit Isabell Huppert glanzbesetzt war im Film auch ihre Rolle, während die im Haus ihrer Schwägerin verfemte Schwester des Opfers Fanny Ardant spielte. Außergewöhnlich selbstbewusst und wie alle anderen im exklusiven Feiertagsoutfit (Kostüme: Raphael Blechschmidt) betritt Pierrette jetzt die Förnbacher-Bühne. Dora Balog spielt und und singt Kreislers bitterböses "Immer wenn, immer dann, stirbt ein Mann, den man brauchen kann, doch er denkt nicht dran." Keine Frage, dass sich vor dem unerwarteten Ende noch weitere Verwicklungen ergeben.

von Annette Mahro