"Love Letters" im Förnbacher Theater im Badischen Bahnhof Basel ist eine ruhige und dennoch eindrückliche Inszenierung.
Ein ganzes Leben in Briefen: Kristina Nel als Melissa und Helmut Förnbacher als Andy in dem Stück „Love Letters“. Foto: Roswitha Frey
Zwei Bündel verschnürter Briefe liegen auf einem Holztischchen. Solche Briefe sind es, die in dem Stück "Love Letters" die berührende Lebens- und Liebesgeschichte eines Paares erzählen. Ein ganzes Leben auf Papier, handschriftlich mit Füller und Tinte geschrieben, wie persönliche Geschenke aus der Ferne.
In diesem Zwei-Personen-Stück von A.R. Gurney, das seinen berührenden, intensiven Zauber allein durch den Briefwechsel zwischen den Hauptpersonen Melissa Gardner und Andrew Ladd bezieht, wird die Kraft der Gefühle und die Kraft der Worte gefeiert. Die Geschichte zweier Liebender spielt sich in den Köpfen der Zuschauer ab, und es ist diese Imaginationskraft, die Helmut Förnbacher in seiner ruhigen, eindringlichen Inszenierung im Förnbacher Theater im Badischen Bahnhof Basel mit leisen Tönen und sparsamen Mitteln beschwört.
Ohne jede Bühnenaction, nur in zwei Sesseln sitzend, gelingt es Kristina Nel in der Rolle der Melissa und Helmut Förnbacher in der Rolle des Andrew, eine dichte Atmosphäre aufzubauen, die Figuren hinter den Briefen mit Leben und Charakter zu füllen und die Zuschauer tief in den Sog dieser Geschichte hineinzuziehen.
Wenn die Briefe zwischen den beiden hin und her wechseln und sie darin ihre Gefühle, Eifersucht, Träume und Ängste offenbaren, ist es so ehrlich und direkt, als würden sie sich unterhalten. Als Zuschauer erlebt man alle Stationen, Höhen und Tiefen im Leben von Melissa und Andy mit, angefangen von den unbefangenen, lustigen und flapsigen Briefchen aus der Kindheit und College-Zeit bis zu den späteren, sehr tief gehenden Liebesbriefen.
Da ist Melissa, die rebellische, aufsässige Tochter aus reichem Haus, die lebenshungrige Künstlerin, die ein wildes, unstetes Jet-Set-Leben zwischen New York und der Costa del Sol führt, sich im Innersten nach einer intakten Familie sehnt und schließlich dem Alkohol verfällt.
Ganz anders ihr lebenslanger Freund, ihre große Liebe Andrew Ladd. Ein aufrechter, strebsamer Charakter, Elite-Student in Yale und Harvard, der in der Marine dient und es bis zum Senator bringt. Helmut Förnbacher gibt diesem Andy, der den Prototyp des erfolgreichen Politikers mit Bilderbuch-Karriere und Bilderbuch-Familie verkörpert, einen treffenden Ton von Ernsthaftigkeit und political correctness. Nur in seinen Briefen an Melissa gibt er sich so, wie er wirklich ist, öffnet sich, lässt Gefühle zu, zeigt Humor.
Ein gegensätzliches Paar, das getrennte Lebenswege geht und erst zum Schluss in ein paar gestohlenen Nächten wirklich zusammenfindet. Aber über die Briefe halten sie Verbindung über die Distanz hinweg, erzählen sich alles, was sie bewegt, was sie erleben. Sehr schön gemacht ist es in dieser Inszenierung, dass man alle Phasen des Lebens am Stil der Briefe ablesen kann. Unbeschwert und leichthin klingen die frühen Mädchenbriefe von Melissa, werden immer trotziger, wenn sie von ihrer alkoholkranken Mutter, ihrem ekelhaften Stiefvater schreibt. Eifersucht blitzt auf in Andys Jungenbriefen, während seine Weihnachtskarten als Senator und Familienvater fast schon formell klingen.
Das Schauspieler-Paar schafft in diesen "Love Letters" eine grosse emotionale Nähe und Dichte bis hin zum letzten, zu Tränen rührenden Abschiedsbrief an die "verlorene Prinzessin".
Roswitha Frey Badische Zeitung