Das Helmut Förnbacher Theater in Basel inszeniert den Komödienklassiker "Charley’s Tante".
Die echte und die falsche Donna Lucia (Kristina Nel und Helmut Förnbacher)
sorgen für humorvolle Verwicklungen.
Viele große Schauspieler haben sich schon das Damenkostüm angezogen und in dieser Travestie-Rolle geglänzt: Sir Alec Guinness, Sir John Gielgud, Rex Harrison, Noel Coward. Alle haben sie "Charley’s Tante" gespielt. Nun reiht sich auch Helmut Förnbacher in diese illustre Garde ein. Mit feinem englischem Humor inszeniert er im Förnbacher Theater im Badischen Bahnhof Basel diesen Komödienklassiker und brilliert in der Titelrolle als Lord Babberley, der sich als steinreiche Donna Lucia L'Alvadorez ausgibt.
Es ist der große Abend des Helmut Förnbacher. Nicht nur, weil er als Regisseur beweist, dass er ein Händchen für geschmackvolle, niveauvolle, geistreiche Komödieninszenierungen hat, sondern weil er "Charley’s Tante" mit so viel Eleganz, Augenzwinkern und noblem Humor spielt, dass diese Figur und das ganze Stück nicht eine Sekunde lang in die Gefahr einer Travestie-Klamotte gerät. Wer noch die populären Verfilmungen mit Heinz Rühmann oder Peter Alexander im Kopf hat, sollte sich Förnbachers Inszenierung dieses Erfolgsstücks von Brandon Thomas anschauen, das Ende des 19. Jahrhunderts entstand. Förnbacher meidet jeglichen Anflug von Klamauk, er und sein fabelhaft aufgestelltes Ensemble spielen diese hinreißende Verwechslungskomödie vielmehr mehr so, als sei es eine amüsante Gesellschaftskomödie von Oscar Wilde: stilvoll in den Kostümen und dem Salonbühnenbild, mit fein dosiertem Witz, pointiert ausgespielter Situationskomik, eben sehr britisch im Sinne des Originals.
Von Tootsie bis zum Musical Hairspray: Immer wieder schlüpfen prominente Schauspieler in Frauenkleider. Charley's Tante ist wohl so etwas wie die Mutter dieser Travestie-Rollen. Natürlich reizt Förnbacher das dankbare Potential dieses Doppelspiels mit sichtlichem Vergnügen und Esprit bis in feinste Nuancen aus. Wunderbar entspannt und nie aufgesetzt gelingt ihm die "Verwandlung" des geistvollen, elegant-weltmännischen Gentlemans Lord Babberley in die schwerreiche Tante aus Brasilien. Verkleidet mit Schmetterlingsbrille, ascotreifem Hut, Stöckelschuhen und lila Kostüm gibt er die zigarrenrauchende Multimillionärin, die sich den Avancen zweier alter "Lüstlinge" ausgesetzt sieht.
Dabei will der schriftstellernde Lord nur seinen beiden jungen Freunden Charley und Jack helfen, die eine "Anstandsdame" für ein Rendezvous mit ihren Angebeteten brauchen. So schlittert der noble Lord unversehens in das Verkleidungsspiel um Donna Lucia hinein, nicht ohne genießerisch mit den jungen Damen zu flirten... Wie Förnbacher als falsche Lady Haltung, Stil und Fassung bewahrt, auch wenn er/sie hinterm Sofa vor den heiratswütigen Galanen in Deckung gehen muss, das ist beste komödiantische Schauspielkunst! Förnbacher gehören die wirkungssichersten Pointen, die bühnenwirksamsten Auftritte, wenn er in seinem Aufzug, mit dem er den Royals aus dem Königshaus Konkurrenz macht, bekennt: "Ich bin keine gewöhnliche Frau…"
Auch die anderen Schauspieler agieren auf dieser Linie des stilvollen Humors. Dieter Mainka spielt seine komödiantische Klasse in einer Doppelrolle aus: als geldknapper Sir Francis auf Freiersfüßen und als bärbeißiger Onkel Stephen O’Spettigue im Schottenrock. Wenn Mainka als liebestoller Schotte wild entschlossen hinter Charleys Tante her ist, erinnern diese Szenen an den unvergesslichen Billy-Wilder-Film "Manche mögen’s heiß", in dem Jack Lemmon in Damenklamotten einen Millionär becirct.
Mit erfrischend draufgängerischem Charme agieren Matthias Schmid als Charley und Julien E. Lickert als sein Freund Jack, zwei junge, lebenslustige, schwer verliebte Gentlemen, die mit allen Tricks ihre Herzdamen erobern wollen. Lea-Sina Bühler und Illyris van der Meer – ebenfalls neue Gesichter im Ensemble – als umschwärmte Kitty und Amy sind süße, bezaubernde Mädchen, die sprichwörtlichen "englischen Rosen". Grandezza, Eleganz und mondänen Glamour bringt Kristina Nel als echte Donna Lucia aus Brasilien in diese leichthändig und charmant inszenierte Verwechslungs-Komödie. Und es passt, dass sich die Donna als die große Liebe des ehrenwerten Lords entpuppt und für ein gefühlvolles Happy End sorgt.