< Pressestimmen: Komödie im Dunkeln

Schwarzer Humor, ganz wörtlich

Slapstick am laufenden Band: Helmut Förnbacher inszeniert PETER SHAFFERS „Komödie im Dunkeln“.

Licht ins Dunkel bringen wollen die einen, die Finsternis des Vertuschens behalten, die anderen. Peter Shaffer hat beides in seiner „Komödie im Dunkeln“ verarbeitet. Die Basler Förnbacher-Company rückt sie jetzt wieder ins Licht.

Bevor der Blackout kommt, liegt auf der Bühne im Badischen Bahnhof alles im Halbdunkel. Anstatt stockfinster macht der Kurzschluss aber mit einem Schlag alles taghell. Was das Publikum sieht, scheint nur den Schauspielern nachhaltig verfinstert zu bleiben. Denn sie tappen – hell ausgeleuchtet – im Dunkeln. Im Verlauf des Abends kommt es deshalb zu zahlreichen Verwicklungen unter anderem im Telefonkabel, kannte doch der britische Autor Peter Shaffer, als er seine 1965 uraufgeführte Farce schrieb, weder Handy noch schnurloses Telefon. In Helmut Förnbachers jüngste Inszenierung hat sich zwar doch etwas mehr Modernität eingeschlichen. Die Tücke lag jedoch immer schon im Detail und heute ist allemal der Akku leer. Keine Technik kann die Situation indes verfahrener machen als alle Perfidie des Augenblicks. Als wäre es nicht schon genug, dass Brindsley, ein junger Künstler, den Besuch eines sehr wohlhabenden Sammlers erwartet und sich zeitgleich sein angehender Schwiegervater angekündigt hat! Im Verlauf des Abends kommen noch einige andere Gäste, die ihm so gar nicht ins Konzept passen wollen. Um Eindruck zu machen, haben sich der junge Mann, den Falk Döhler jugendlich unverfroren aber auch sichtbar nervös gibt, und seine arglos verwöhnte Freundin Carol (hochhackig figurbetont: Michèle Bielser) beim Mobiliar ihres abwesenden Nachbarn bedient. Keine Frage, dass Lothar Hohmann in der Rolle dieses Harold doch früher als erwartet wieder in der Tür steht. Schon Carols Vater, ein Militär mit Befehlstönen – Percy von Tomëi, spezialisiert auf unangenehme Charaktere, bleibt seinem Image hier einmal mehr ausnehmend treu - hätte eigentlich gereicht, aber es kommt noch schlimmer. Nur die Nachbarin Miss Furnival ist in der sich langsam entwickelnden Katastrophe ein eher ruhender Pol. Kristina Nel verhilft der Figur mit einem dauerhaft soweit aufgerissenen Kinderblick zu einer geradezu greifbaren Naivität, der sie auch textlich treu bleibt. Man könnte ihre Miss Furnival wirklich für blind halten, auch wenn die Grande Dame der Company anders als die anderen immerhin nicht permanent mit Türrahmen kollidieren oder über Hindernisse stolpern muss. Eher wird sie schon einmal mit einem Möbelständer verwechselt. Bald wird die Situation dramatisch, für das gastgebende Pärchen nahezu aussichtslos und das erst recht für den jetzt eher dringend davon- als noch aufstrebenden Künstler. Neben dem rechtmäßigen Möbelbesitzer kommt nämlich auch Clea (Lea-Sina Bühler), Brindsleys eigentlich am anderen Ende der Welt geglaubte letzte Geliebte, unerwartet zurück. Gut, dass sich wenigstens Strom und Licht noch etwas Zeit lassen. So kann Brindsley immerhin versuchen, im Schutz der Finsternis die geraubten Möbel zurückzubringen, bevor der Schwindel entdeckt wird. Wenn es nur nicht schon wieder klopfte. Vor der Tür steht jetzt ein Herr mit russischen Akzent (Matthias Zelazko), der sich für Brindsleys Kunst interessiert, aber, wie sich herausstellen wird, leider auch ein doppeltes Spiel spielt. Das alles ist Slapstick am laufenden Band und nicht allein des Tempos wegen schauspielerisch anspruchsvoll. Autor Peter Shaffer, zu dessen größten Erfolgen sein 1979 in London uraufgeführtes und 1984 von Miloš Forman verfilmtes Bühnenstück „Amadeus“ zählt, macht sich bei seiner „Black Comedy“ keinerlei Mühe, nach Tiefgang zu schürfen. Stattdessen nimmt er den legendären schwarzen englischen Humor in seiner Story um einen Stromausfall ganz einfach wörtlich. Makaberer Anspielungen bedarf es da längst nicht mehr und Tabus wurden oft genug gebrochen. Stattdessen darf bei Förnbacher zum guten Schluss das Louis XV-Sofa von Nachbar Harold, das zwischenzeitlich diverse Einsätze hatte, auch noch für einen filmreifen Abgang des Ensembles sorgen.

Annette Mahro