< Pressestimmen: Komödie im Dunkeln

Wenn’s dunkel wird wird’s hell

Das fängt ja gut an! Kurzschluss. Blackout. Am Anfang ist die Bühne im Dunkeln. Sobald es den Kurzschluss gibt, wird es hell. Aber wenn ein Streichholz entzündet wird, dann ist es im Stück wieder schlagartig stockduster. Hell und Dunkel werden auf der Bühne in der „Komödie im Dunkeln“, dem Comedy-Knüller von Peter Shaffer („Amadeus“), umgekehrt. Im Dunkeln ist gut munkeln. Und das vermeintliche Unbeobachtet-Sein in der Dunkelheit, die für den Zuschauer aber ausgeleuchtet wird, ist der simple wie geniale Clou. Ein effektvoller Kunstgriff, der diese „Dark Comedy“ aus den 60er Jahren zu einem Klassiker auf dem englischen Boulevard machte. Der Kurzschluss bringt auch im Förnbacher-Theater einiges ans Licht. Ein erfolgloser junger Künstler erwartet einen millionenschweren russischen Kunstsammler (das passt ja heute wieder perfekt in die Kunstszene!). Mehr Stress macht ihm aber, dass der Vater seiner Verlobten zu Besuch kommt und zwei nervige Nachbarn sowie die liebeshungrige Exfreundin auftauchen. Aber es kommt alles anders als geplant. Im Haus knallt die Sicherung raus und bei den Gästen gehen irgendwann die Sicherungen durch. Der Zuschauer hat den Kniff bald kapiert: Für die Schauspieler spielt die Handlung im Dunkeln, und wir sehen dabei zu, wobei der eigentlich dunkle Bühnenraum im hellsten Scheinwerferlicht beleuchtet ist - und das ist wirklich „erhellend“. Denn in dieser fiktiven Dunkelheit wird getäuscht, geblufft, getrickst, gestolpert, gerutscht, gefallen, gestoßen. Die Darsteller spielen Blindekuh und bewegen sich tastend fort. Die Finsternis hat Auswirkungen auf die Bewegung und das Sprechen, was in dieser Inszenierung sehr gekonnt umgesetzt wird. Auch die vielen peinlichen und chaotischen Situationen sind überaus amüsant gespielt. Während die Personen auf der Bühne nichts sehen (sollen), sieht der Zuschauer umso mehr. Da verheddert sich beispielsweise Falk Döhler als Hauptdarsteller Brinsley Miller ständig im Telefonkabel. Es scheppert und im Stockdusteren ist die „ausgeborgte“ teure Buddha-Antiquität von Wohnungsnachbar Harold (völlig ahnungslos: Lothar Hohmann) zu Bruch gegangen. Im Schutz der Dunkelheit zieht sich Lea-Sina Bühler, die Clea, bis auf die Unterwäsche aus. Das iPhone der netten Carol (Michèle Bielser) landet im Goldfischglas, Kristina Nels Miss Furnival bedient sich heimlich an der Bar, während der Colonel (Percy von Tomëi) ständig ein Feuerzeug oder ein Streichholz anzündet. Das sind genau die Momente, in denen Licht, Ton und Technik gefordert sind. Das Timing mit der Beleuchtung muss klappen (in der Theaterhalle im Badischen Bahnhof wird es beim Stromausfall auf die Sekunde stockdunkel), das schauspielerische Handwerk gekonnt sein, alles präzise sitzen. Das ist das Härteste am Theater und auch das Undankbarste für den, der Regie macht - und das ist in diesem Fall Helmut Förnbacher. Er hat das 50 Jahre alte Stück leicht modernisiert und bringt es lustig, komisch und temporeich auf die Bühnenbretter. Seine bestens aufgestellte Theater Company geht mit sichtlicher Spielfreude und komödiantischer Laune zur Sache, garantiert für einen reibungslosen Ablauf der Komödie im Dunkeln und besteht den Härtetest blendend. Ein besonderer Gag ist es, wenn Matthias Zelazko als russischer Elektriker auf der Bildfläche erscheint und für den schwerreichen Kunstsammler gehalten wird. Da ist Verwirrung und Chaos vollends programmiert. Einen spontanen Lacher gibt es im Publikum, wenn Zelazko plötzlich in den Keller „fährt“ und Licht ins Dunkel bringt. Da kann man zum Schluss dieser ebenso vergnüglichen wie verrückten englischen Salonkomödie nur sagen: Es werde Licht! Starker Premierenbeifall.

Jürgen Scharf