Der Diener ist alt geworden. Angejahrt, aber nicht ausgelaugt, grauhaarig, dieser Komödiant. Man sieht ihm die Schläue und Schlitzohrigkeit an, und er spielt diese Figur des Dieners zweier Herren mit der Heiterkeit des Alters. Die Rede ist von Dieter Mainka, dem Senior des Förnbacher Theaters. Er ist die ideale Verkörperung eines Dieners, auch wenn sein Truffaldino in die Jahre gekommen ist, und er nicht mehr weiß, wem er die Knödel bringen soll. Aber er weiß noch immer zu charmieren, zu scharwenzeln, sein Gesicht drückt in der Mimik Verschmitztheit und Verschlagenheit aus. Und warum soll der Diener immer ein junger Kerl sein" Und warum nicht zwei Herren dienen" Mit seinem Hauptdarsteller des berühmten Komödienklassikers von Carlo Goldoni hat die Förnbacher Theater Company im Badischen Bahnhof einen slapstickhaft wirkenden Schauspieler, der auch mal tanzt und aussieht, als wäre er ein Tramp, eine richtige Chaplin-Figur, ein Loser, der sich am Schluss als genialer Gewinner erweist. Mainka passt in die Inszenierung von Helmut Förnbacher, die auf sein Naturell hin zugeschnitten ist. Der Theaterchef hat in seiner neuen Übersetzung einiges im Text aufpoliert, Rollen gestrichen und eine eigene kompakte Spielfassung erstellt. In einer zeitgemäßen, aufgefrischten Sprache. Und mit Musik. Als erfahrener Regisseur geht Förnbacher handwerklich an Stück und Rollen heran, er hat auch keine Angst vor dieser Welttheaterliteratur. Und er geht weg von dem Vorbild Giorgio Strehler und den abgenutzten Typen der Commedia dell’Arte. Bei Förnbacher tragen die Figuren keine Masken mehr. So kommen die individuellen Späße der Darsteller gut heraus. Das Stück des Komödienreformers Goldoni, der versuchte, die Commedia menschlich zu machen, hat er leichtfüßig und spritzig inszeniert. Es sind bereits Molière-Figuren. Natürlich ist die Handlung nicht heutig, aber der Inhalt wird immer aktuell bleiben, ewig gültiges Volkstheater: Zwei etwas verzwickte Liebesgeschichten, Paare, die sich erst verlieren, dann wieder finden. Verwirrungen, Täuschungen, das ganze Arsenal der Verwechslungskomödie.
Gut aufgestelltes, frisches Ensemble
Förnbacher geht anders an das Stück heran als man es gewöhnlich sieht. Er präsentiert einen altgedienten Diener, der sich im Leben immer durchschlagen musste. Man kann es auch so sehen: Truffaldinos Arbeitsmoral ist sehr modern. Er hat nämlich gleich zwei Jobs, so wie heute viele mehrere Jobs haben müssen, und es sind mehr als Ein-Euro-Jobs, denn er hat zwei großzügige Brötchengeber. So verdingt er sich gleich zweimal, und wenn er sich nicht schon im Rentenalter befinden würde, wäre er ein idealer Fall für die Arbeitsvermittlung. Dagegen setzt Förnbacher die jungen Darsteller, die in seinem gut aufgestellten Ensemble hinreißend frisch und munter agieren: Sandra Schaub als Clarice und Reto Ziegler als hitzköpfiger Silvio, der einen lockeren Degen führt, verkörpern mit viel Turbulenz und Tempo die Jugend. Simon Matt ist vom Erscheinungsbild her ein perfekter italienischer Edelmann, ein smartes Musketier. Die als Mann verkleidete holde Beatrice (Daniela Bolliger), die sich als ihr Bruder ausgibt, lässt zum Beweis ihrer Weiblichkeit Clarice an die Brüste. Der strenge Herr Papa (Percy von Tomëi) und Sveno Walder als witziger italienischer Koch Brighella im Dauerküchenstress – in der großen, präzise abgespulten köstlichen Servier-Szene! –, mischen das Verwechslungsspiel auf. Natürlich muss es zu einer Fechtszene kommen, denn den jungen Herrschaften sitzt der Degen locker am Hosenbund. Aber natürlich soll auch die leichte Anmut des Südens und das helle Licht Strehlers hereinkommen, letzteres durch die Hintertür mit populären italienischen 1960er-Jahre-Schlagern und Canzonen wie „Volare“ und „Azzurro“. Der südländische Stil der Inszenierung, das mediterrane Italienbild und die Stimme Italiens passen zu diesem zeitlosen Goldoni in der goldfarbenen sparsamen Ausstattung.
Jürgen Scharf