< Pressestimmen: Der Diener zweier Herren

Sommerabend auf einer Piazza

Das Basler Förnbacher Theater inszeniert Carlo Goldonis Komödie "Der Diener zweier Herren".

Zwei Jobs zu haben, ist heute keine Seltenheit, wo viele Leute nur so über die Runden kommen. Genauso geht es Truffaldino, dem Titelhelden in der Komödie "Der Diener zweier Herren" von Carlo Goldoni. Da sein Magen so leer ist wie sein Geldbeutel, verdingt er sich gleichzeitig bei zwei vornehmen Herrschaften und löst damit eine Kette von Verwechslungen und Verwirrungen aus.

"Es gibt so viele Leute, die einen Job suchen, und ich hab’ gleich zwei Jobs", sagt Dieter Mainka, der die Titelrolle in diesem Komödienklassiker zum Saisonauftakt im Förnbacher Theater im Badischen Bahnhof Basel spielt. Überhaupt kommt dieser Goldoni in der Inszenierung und Neuübersetzung von Helmut Förnbacher sprachlich aufgefrischt mit aktuellen Anspielungen und leichtfüßig daher. Keine Spur mehr von Commedia dell’arte, stattdessen ein zeitloser Goldoni voller mediterraner Leichtigkeit des Seins, Charme, Witz und Humor. Es ist, als würde die Wärme dieses Spätsommers in dieser ebenso temporeichen wie vergnüglichen Fassung noch einmal konserviert: Goldfarbenes Sofa, Sessel, sparsame Bühnenelemente, schwarz-weiße Kostüme, die zwischen modern und historisch changieren, und ein in vitaler Spiellaune agierendes Ensemble machen dieses Stück so genussvoll wie ein Sommerabend auf einer Piazza in Venedig. Dazu tragen auch die italienischen Schlager wie "Volare", "Azzurro" oder "O sole mio" bei, die musikalisch locker eingestreut werden und das Verwechslungsspiel ironisch aufbrechen.

Dieter Mainka verleiht der Titelfigur einen ganz eigenen Charakter. Er ist ein alt gewordener, grauhaariger, aber immer noch verschmitzter und drahtig-agiler Truffaldino, der sich geschickt durch die Mühen des Lakaiendaseins laviert. Mainkas Mimik und Gestik drückt die Schlitzohrigkeit und Gewitztheit aus, die ihn das lange Leben gelehrt hat, und er strahlt etwas Schelmisches aus, wenn er sich mit Schwindeleien aus den verfänglichen Situationen herauswindet – etwa in der Szene mit den vertauschten Koffern und Geldbörsen. Ein komödiantisches Kabinettstück gelingt ihm in der dynamisch choreografierten Szene, in der er seinen zwei Brötchengebern ein mehrgängiges Menü servieren muss und einen grünen Wackelpudding für sich reserviert.

Um diesen ausgebufften Schelm im Rentenalter, der sich wendig durchmogelt, agieren die beiden Liebespaare in jugendfrischem Sturm und Drang. Im weißen Nadelstreifenanzug mit Schiebermütze gibt Daniela Bolliger die als Mann verkleidete Beatrice, die inkognito ihrem geflohenen Liebhaber Florindo gefolgt ist. Die junge Dame im Herrenlook wirkt lässig-elegant und cool-energisch im Auftreten und zieht blitzschnell den Degen in einem filmreif ausgefochtenen Duell. Draufgängerisch gibt Simon Matt den Edelmann Florindo, der auch mal mit einschmeichelnd sonorer Stimme "Azzurro" singt und mit einem Paddel eine Gondelfahrt simuliert. Auch das zweite Liebespaar ist ideal besetzt. Sandra Schaub als bezaubernde Clarice, die für eine behütete Tochter ganz schön aufmüpfig ist, und Reto Ziegler als ihr hitzköpfiger Verlobter Silvio spielen voller Esprit und Temperament im Überschwang der Gefühle. Heißsporn Silvio fällt vor seiner Angebeteten auf die Knie, schwört ihr ewige Liebe und Treue. Doch sie ziert sich: "Das sagen doch alle Männer": ein amüsantes Hin und Her, Auf und Ab im Gefühlskarussell.

Percy von Tomëi kehrt als polternder Herr Papa Pandolfo seine Strenge heraus und Sveno Walder, der den Wirt Brighella ebenso humorig spielt wie den "O Sole Mio" schmetternden Gondolìere, würzt die Theaterkost mit einer Extraportion Spielwitz.

Roswitha Frey