Das Förnbacher Theater sieht seinem Ende im Badischen Bahnhof entgegen. Es muss seinen Spielort verlassen. Groß war die Freude des Ensembles über die letzte Premiere – die im fünften Anlauf klappte.
Dieses Gefühl haben die Theaterfreunde sehr lange vermisst: Am Samstagabend konnten sich die Besucher der Komödie "Heisenberg" im Förnbacher Theater in den rot gepolsterten Klappsesseln zurücklehnen und einen Theaterabend voller Emotionen und Überraschungen erleben. Es war die letzte Premiere der Helmut Förnbacher Company im Badischen Bahnhof Basel. Nach 24 Spielzeiten muss das Ensemble wegen Bauarbeiten der Bahn seinen Spielort verlassen.
"Wir freuen uns riesig, dass wir nach der fünfmonatigen Zwangspause wieder spielen dürfen", begrüsste Kristina Nel die Besucher der romantischen Komödie "Heisenberg", die nach vier Verschiebungen endlich auf die Bühne kommen konnte. Maximal 50 Zuschauer sind erlaubt in der Theaterhalle, die 220 Plätze bietet. Die Besucher sitzen mit reichlichem Abstand und tragen während der Vorstellung Masken.
Eine unkonventionelle Liebesgeschichte voller Wendungen
Im Erfolgsstück des britischen Dramatikers Simon Stephens entfaltet sich eine unkonventionelle Liebesgeschichte voller Wendungen. Alex, Mitte 70, alleinstehend, schüchtern und verschlossen, begegnet in London zufällig der 30 Jahre jüngeren Georgie, einer exaltierten Frau, die wie ein Wirbelwind sein Leben durcheinanderbringt. Die beiden könnten gegensätzlicher nicht sein und fühlen sich doch voneinander angezogen.
In der ersten Szene sitzt Förnbacher in der Rolle des Alex allein in einer Bahnhofshalle, vor sich ein aufgeklappter Laptop. Plötzlich stürmt eine Frau auf ihn zu, verwickelt ihn in ein vertrauliches Gespräch. Spontan, sprunghaft und übersprudelnd vor Temperament gibt Dora Balog die Sekretärin Georgie, die den überrumpelten Alex aus der Reserve locken will.
Mit ihrer quirligen Art und Unberechenbarkeit zieht Georgie den einsamen Alex in Bann. Ohne Punkt und Komma erzählt sie Geschichten aus ihrem Leben, von denen man nie weiss, ob sie wahr oder erfunden sind. Zuerst scheint Alex die seltsame Fremde abwimmeln zu wollen, doch sie lässt sich nicht abschütteln. Wider Willen ist Alex fasziniert von dieser undurchschaubaren, liebenswert chaotischen Frau.
Berührend und charmant gespielt
Wie die Grossstadtsingles ein Liebespaar werden, ist ebenso berührend wie charmant-unterhaltsam gespielt. Sie begegnen sich in Episoden voller Melancholie, Humor und Überraschungseffekten. Unverblümt pumpt Georgie ihren Liebhaber um 15 000 Pfund an, um in New Jersey ihren Sohn zu suchen. Alex gibt ihr das Geld und begleitet sie sogar auf diese Reise in die USA. Die Darsteller schaffen es wunderbar, die Verletzlichkeit, Sehnsüchte und Träume dieses Paares offenzulegen, das Momente des Glücks erlebt und sich auf das Wagnis der Liebe über alle Hindernisse hinweg einlässt.
Helmut Förnbacher inszeniert diese moderne, geistreiche Komödie im sparsam eingerichteten Bühnenraum atmosphärisch dicht mit wandfüllenden Bildprojektionen von Motiven aus London und New York, stimmungsvoller Musik und wenigen Requisiten. So richtet sich der Fokus auf die Grossstadtmenschen, die ein bittersüsses Happy End erleben. In die Ovationen für die grossartigen Schauspieler mischt sich Wehmut. Doch beim Ensemble überwiegt die Freude, dass wieder Theatervorstellungen möglich sind.
Noch so viele Klassiker spielen wie möglich
Bis zum Abschluss der Saison Ende Juni und darüber hinaus im Juli und August will der Theaterchef, solange es die Regeln erlauben, aus dem Vollen schöpfen und so viele Klassiker, Dramen und Komödien aus seinem Spielplan aufführen wie möglich. Ende September muss die Company endgültig aus der ehemaligen Zollhalle ausziehen. Ein neues Domizil ist nicht in Sicht. Die Suche gestaltet sich laut Förnbacher in diesen Corona-Zeiten höchst schwierig.
von Roswitha Frey